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Im Wald ist nur so viel Holz zu schlagen wie permanent nachwächst – das ist als die erste Entdeckung nachhaltigen Wirtschaftens überliefert, in einem Buch, das bezeichnenderweise zur Leipziger Ostermesse erschien, immerhin schon 1713. Über 300 Jahre später verschwimmt der Begriff „nachhaltig“ in einer werbeträchtigen Floskelwelle – auch in der Finanzindustrie, und es ist an der Zeit, sich wieder auf den Begriffskern zu fokussieren.

Unsere Wirtschaftsweise ist weiterhin von Ausbeutung geprägt – von nicht regenerativ organisierter Ausbeutung von natürlichen Ressourcen (Boden, Rohstoffe, Wasser, Luft …) und von Menschen und Gesellschaften, mit der Folge auch von extremen Wohlstandsgefällen auf nationaler und globaler Ebene. Der berechnete sogenannte Welterschöpfungstag fiel im Jahr 2021 auf den 29. Juli. Das in diesem Sinne letzte „nachhaltige“ Wirtschaftsjahr war 1970!

Es geht im Grunde also schon lange nicht mehr darum, natürliche und soziale Quellen nur vor einer Ausbeutung zu schützen, sondern diese wieder zu stärken und aufzubauen. Angesichts der immensen Herausforderungen – wenn „man“ diese denn tatsächlich angehen möchte – reicht ein Vermeiden nicht mehr. Notwendig ist eine Umkehr der seitherigen Wachstumsweise.

Wirklich nachhaltiges Wirtschaften bedeutet aus heutiger Perspektive Ressourcenaufbau: Die Wüstenbildung müsste nicht nur gestoppt werden, es müssten Acker- und Waldflächen zurückgewonnen werden; das Artensterben müsste nicht nur beendet, sondern zusätzliche Rückzugsgebiete für bedrohte Tierarten geschaffen werden; nicht immer mehr (Elektro-) Fahrzeuge, sondern ein Neudenken der Mobilität wäre eine Antwort; eine Umstellung auf andere Energiequellen dürfte nicht ohne Energieeffizienz gedacht werden; es dürfte kein Gramm Plastikverpackung mehr produziert werden, stattdessen müssten Verfahren entwickelt werden, um die zehn Milliarden Tonnen Plastikmüll aus der Umwelt zurückzuholen und zu recyceln; Fabrikarbeiter*innen in Bangladesch und anderswo sollten nicht mehr für einen Hungerlohn Billigstwegwerfklamotten für das Ausland nähen müssen, sondern in gut bezahlten Jobs am Aufbau des eigenen Landes mitwirken können; Kleinbauern sollten sich nicht für exportorientierten Anbau verschulden müssen, sondern zur regionalen Nahrungsmittelversorgung beitragen können. Es gibt unzählige Beispiele.

Eigentlich ergibt sich daraus klar die Notwendigkeit für die Geldströme: Ein Investment, das einen zukunftsorientierten Beitrag leistet, zeichnet sich nicht (nur) durch Vermeidung aus. Ein positiver Beitrag ist in unserer globalen und sozialen Situation Not-wendig, ein Investment ohne Wirkung hinsichtlich der 17 UN-Ziele zur nachhaltigen Entwicklung kann nicht nachhaltig sein.

Transparenz zeichnet nachhaltige Investments aus

Die entsprechend positive Wirkung eines Investments zu erfassen und zu beschreiben, ist zweifellos eine Herausforderung, der Umgang mit Zielkonflikten eine nicht minder große. Einfache Antworten gibt es nicht.

Die größtmögliche Transparenz ist der Hebel, die Investierenden in die Lage zu versetzen, ihr finanzielles Engagement in Bezug auf ihre Vorstellungen einschätzen zu können und eine kompetente Diskussion zu ermöglichen – jenseits von Vereinfachungen und von hochkomplexen Taxonomie-Prozessen. Die größtmögliche Transparenz ist auch der Hebel, sich nicht dem Verdacht des Greenwashings auszusetzen.

Auch wenn es kein einfaches Unterfangen ist, eine wirklich nachhaltige Geldanlage zu definieren – für ein gutes Gewissen Vermeidungsstrategien betreiben, reicht nicht. Nachhaltiges Wirken und Investieren kann angesichts der Klima-, Natur- und sozialen Katastrophen nur grundlegend gedacht werden. Für alles andere haben wir keine Zeit mehr.